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25. Dezember 2015 5 25 /12 /Dezember /2015 20:07

So viele Gedanken, die gedacht, so viele Gefühle, die gefühlt werden wollen...

 

Wie sehr sich doch mein Leben verändert und doch nicht verändert hat. Aber ich darf es immer wieder sagen: Immerhin IST es nun ein Leben. Und das ist gut so...

 

 

Wenn ich auf das vergangene Jahr zurückblicke, war es ein unglaublich arbeitssames und "volles" Jahr. Es ging nach meinem Empfinden zum ersten Mal langsamer vorbei als das davor. Weil so viel passiert ist, sich so viel entwickelt hat und bei alledem ich das alles auch wahrgenommen habe statt nur überleben und nicht zu viel spüren wollend durch das Jahr zu hetzen. Dieses "mich wahrnehmen können" ist der wertvollste Erfolg meiner harten Arbeit überhaupt, denn es ist die Grundlage für all das andere, was mir Positives widerfahren ist.

 

Mit Beginn des Jahres bin ich erst einmal - zumindest formal - wieder offiziell und voll bei der Arbeit angekommen. Ich war wieder in Vollzeit unterwegs und bekam alle Unterstützung durch meine Chefin und mein Team, die ich brauchte. Einen Tag von zuhause arbeiten, in keinster Weise mehr mit Kunden arbeiten oder mit Kollegen aus anderen Teams interagieren müssen, ein Schild an meiner Bürotür wenn ich nur für mich arbeiten und Kontakt nach außen nicht ertragen konnte, keine Verpflichtung zur Teilnahme an Gruppenveranstaltungen, das Telefon abschalten, jederzeit meine Chefin ansprechen dürfen, wenn etwas nicht geht. Ich brauchte all das... nicht im Sinne von Vermeidungsverhalten sondern um mir Sicherheit und und mein eigenes Tempo für Weiterentwicklungen und damit langfristig sowas wie Stabilität erabeiten zu können. Dass es mir ohne Diskussionen und teilweise sogar auf Vorschlag meiner fürsorglichen Chefin ermöglicht wurde, dafür bin ich so dankbar. Es tut wahnsinnig gut zu spüren, das jemand sich sorgt und mich so wertschätzt, dass er bereit ist, auf Teile meiner Arbeitskraft zu verzichten um mich aber grundsätzlich als wichtige Mitarbeiterin in anderen Bereichen zu halten... Und es ist nicht selbstverständlich...

 

Dadurch, dass ich durch 2 Jahre mit jeweils mehreren Monaten Krankschreibung viele Wochen an Resturlaub besaß, konnte ich etappenweise wieder einsteigen. Alle 6-8 Wochen hatte ich mindestens 1 Woche Urlaub in den ersten Monaten. Allerdings wurde mir irgendwann auf Hinweis einer Freundin bewusst, dass ich mich mehr oder weniger mühsam von einem Urlaub zum nächsten hangelte. Mit meiner Selbstwahrnehmung war es in der Zeit noch nicht allzu weit her;-) Doch sie hatte Recht und ich konnte es dann auch spüren und kam nach intensiver Selbstbeobachtung zu dem Schluss, dass Arbeit und die Arbeit mit mir selbst zusammen so einfach (noch) nicht geht. Und so blieb nur 1 Wahl, wenn ich meinen unbedingten Entschluss fürsorglich mit mir selbst sein zu wollen, konsequent umsetzen wollte: zumindest für eine begrenzte Zeit in Teilzeit zu arbeiten.

 

Das tue ich seither und konnte mit langer Einstellungsphase schließlich feststellen, dass mir das tatsächlich Entlastung bringt und damit ein wesentlicher Beitrag zu meiner Stabilisierung ist, die ich nach und nach spüre.

 

 

Doch auch in der Arbeit mit mir selbst hat sich so unendlich viel entwickelt. Die Erkenntnis, dass mir in vielen Situationen, alltäglichen wie besonderen, vor und in denen ich früher Angst hatte, in der Realität nichts passiert, ich keinen Schaden nehme, konnte ich gut verinnerlichen und damit kategorische und anlasslose Ängste abbauen. Früher war es für mich nicht vorstelllbar, wie viel Entlastung und Freiheit damit entstehen kann. Das anzunehmen, die Gefahrlosigkeit nicht nur rational zu erkennen sondern auch wahrzunehmen, zu spüren, in diesem Schritt befinde ich mich noch und ich bin auf einem guten Weg.

 

Auch die Erfahrung und Wahrnehmung, wie gut Kontakt nach außen tun kann und sich dabei zu öffnen, etwas von sich selbst zu zeigen, auch wenn es etwas nicht Perfektes und damit potenziell Angreifbares oder sogar etwas Verletzliches und nicht Vertuschendes ist, war etwas sehr Bezeichnendes in diesem Jahr. Mit wunderbaren Menschen an meiner Seite, die mich angenommen haben wie ich bin, mir mein Tempo gelassen haben, mich "gesehen" und mir Rahmenbedingungen gegeben haben, in denen ich in Kleinstschritten aber erfolgreich mutig sein konnte.

 

 

Meine Seele das Wohltuende, Bestätigende, Miteinander im Kontakt mit anderen Menschen spüren zu lassen, ist eine Herausforderung vor dem Hintergrund, dass sie sich immer noch im tiefsten Inneren für unwert hält und ein Teil von mir dieses Empfinden äußerst wirkungsvoll als die alleinige Wahrheit festhält... Und auch bringt das Öffnen dieser Tür "Kontakt" mit sich, dass ich nun mein jahrzehntelang verleugnetes Bedürfnis nach diesem und nach Nähe erkennen muss und diese Tür nicht mehr schließen kann. Die daraus hervorgehende Bedürftigkeit ist so groß und umfassend, dass sie nicht erfüllt werden kann. Diese unendliche Bedürftigkeit, das Wissen, dass sie nicht gestillt werden kann und bei alledem die innere Wahrheit, dass ich es abgesehen davon auch nicht wert bin... das ist ein Thema, das mich stets begleitet und mit dem ich noch nicht umzugehen gelernt habe.

 

Und doch schaffe ich es zu spüren wenn ersehnte Beziehungen zwar bestehen aber mir nicht gut tun. Und trotz Bedürftigkeit dann die Konsequenzen zu ziehen. Für mich zu sorgen, indem ich sie beende, wenn z.B. immer wieder massiv Grenzen überschritten werden. Auch wenn es schmerzhaft ist und ein Kraftakt, ich bin stolz auf mich, dass ich hierbei für mich handeln kann und richtig handeln kann. Und trotzdem darf und kann ich Trauer über den Verlust zulassen...

 

 

Trauer... Traurigkeit... immer noch ständige Begleiter, seit einigen Monaten wieder sehr massiv. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich wieder minimalen Kontakt zu meinen Eltern habe? Ich weiß noch nicht genau, was das mit mir macht außer dass es mich in die regelmäßige Verfassung eines Kleinkindes katapultiert, das mit alten Ängsten und großer Kraft das Steuer übernimmt. Aber es macht etwas, das wird immer wieder spürbar, und wird mich vermutlich noch längere Zeit beschäftigen. Trauer um dieses kleine Kind, Trauer um mich als Erwachsene, Traurigkeit über all die Schwierigkeiten, die ich in meinem Leben bewältigen muss, Traurigkeit über die Schicksale anderer... so viele Facetten und so viele Empfindungen in mir. Doch ich trauere auch um Menschen, die ich verloren habe, um gescheiterte oder gar nicht erst entstandene Verbindungen, meine "letzte" Oma... und meine Seelenschwester...

 

Dann ein für mich neues aber zunehmend präsentes Gefühl... Aggression... Sie macht sich immer öfter bemerkbar, macht mir Angst. Viele sagen Wut sei ein Zeichen für Heilung. Mich überfordern diese neuen, tief in mir drin brodelnden und plötzlich nach außen drängenden Gefühle, ich weiß nichts damit anzufangen und will sie nicht haben, sie stoßen ein kritisches Thema an, nämlich das von Kontrolle bzw. möglichem Kontrollverlust, ein Thema, das mich hart wie Stein werden lässt oder ganz klein und gelähmt...

 

 

 

All diese Gedanken und Gefühle... ob es wohl jemals weniger wird? Trauer, Traurigkeit, Wertlosigkeitsgefühl mal verschwinden? So wie es sich in meinem Innen anfühlt, ist es nicht vorstellbar für mich... wichtig aber ist wohl, neben alledem immer auch die positiven Erlebnisse und Empfindungen wahrzunehmen und zu fühlen. Daran arbeite ich, auch wenn ich das gerade nicht mehr alleine schaffe sondern auf neue Unterstützung von außen angewiesen bin. Ich gebe mein Bestes, immer verbunden damit auch Verständnis für meine Schwierigkeiten damit oder auch ein Scheitern zu haben.

 

Noch immer kostet all dies sehr viel Kraft, das spüre ich in den letzten Monaten wieder vermehrt. Was ich aber auch und mit großer Beruhigung spüren kann, ist, dass ein gewisses Maß an Stabilität entstanden ist durch all die vielen kleinen und großen Entwicklungen und Erfolge. Mir geht es schlecht in letzter Zeit und ich verfalle in alte Muster, und doch... ich breche nicht mehr zusammen. Ich kann weiter arbeiten gehen. Dem alt bekannten Rückzugsdrang gebe ich nur bedingt nach. Ich kann - wenn auch mit Hilfe - immer noch Positives erkennen. Ich verliere nicht die Hoffnung.

 

 

 

Vielleicht stimmt das, was mir mein so weiser Arzt vor einigen Tagen mitgab: Vielleicht ist das, was Sie gerade erleben, das Maximum, was in dieser Zeit für Sie erreichbar ist. Und dass es wichtig sei, das anzunehmen.

 

Und das ist tatsächlich etwas Wesentliches, was mich über dieses, in der Rückschau wohl trotz allem erfolgreiche Jahr gebracht hat: mich selbst mit all meinen Gedanken und Gefühlen anzunehmen, ohne Wertung, ohne überzogene Erwartungen und mit viel Verständnis für mich und für das kleine Mädchen in mir, das zweifellos existiert und eine unwiderrufliche Berechtigung hat, gehört und geschützt zu werden. Allein das gibt mir schon das Gefühl für mich gesorgt und Anlass für einen zuversichtlichen Start in das neue Jahr zu haben...

 

 

Ich bin sehr dankbar...

 

 

 

 

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